Das Kommunalwahlsystem in Hessen
Wahlsystem:
Verhältniswahl mit offenen Listen (seit der Kommunalwahl 2001, vorher geschlossene Listen)
Besonderheiten:
- Neues Wahlsystem seit der Kommunalwahl 2001
- Keine explizite Sperrklausel – faktische Sperrklausel ca. bei einem Stimmenanteil für einen halben Sitz
(z. B. bei 20 Sitzen etwa bei 2–3 %, in Frankfurt am Main etwa ein halbes Prozent) - Kumulieren und Panaschieren
- Mögliche doppelte Anwendung des Sitzzuteilungsverfahrens Hare/Niemeyer
Abgeordnetenzahl:
Die Zahl der Gemeindevertreter ist abhängig von der Einwohnerzahl und beträgt bei:
Einwohnerzahl | Sitze | |
---|---|---|
bis zu 3.000 Einwohnern | 15 | |
von 3.001 | bis zu 5.000 Einwohnern | 23 |
von 5.001 | bis zu 10.000 Einwohnern | 31 |
von 10.001 | bis zu 25.000 Einwohnern | 37 |
von 25.001 | bis zu 50.000 Einwohnern | 45 |
von 50.001 | bis zu 100.000 Einwohnern | 59 |
von 100.001 | bis zu 250.000 Einwohnern | 71 |
von 250.001 | bis zu 500.000 Einwohnern | 81 |
von 500.001 | bis zu 1.000.000 Einwohnern | 93 |
über 1.000.000 Einwohnern | 105 |
Die Gemeinde kann die Zahl der Gemeindevertreter auf die für die nächstniedrigere Größengruppe maßgebliche oder eine dazwischen liegende ungerade Zahl festlegen.
Wahlperiode:
Die Wahlperiode beträgt fünf Jahre (bis 2001 vier Jahre).
Aktives und passives Wahlrecht:
Aktiv wahlberechtigt ist jeder EU-Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten seinen (Haupt-)Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde hat.
Passiv wahlberechtigt (wählbar) ist jeder aktiv Wahlberechtigte, der seit mindestens sechs Monaten seinen (Haupt-)Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde hat.
Einteilung des Wahlgebiets:
Bei der Wahl der Gemeindevertretung bildet die Gemeinde den Wahlkreis. Für die Wahl des Kreistags kann der Wahlkreis in Wahlbereiche unterteilt werden, um eine ausgewogene Vertretung örtlicher Interessen zu ermöglichen. Bei der Abgrenzung der Wahlbereiche sind die Gemeindegrenzen einzuhalten.
Stimmenabgabe:
Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Vertreter zu wählen sind, die er auf die Bewerber eines Wahlvorschlages oder unterschiedlicher Wahlvorschläge verteilen kann (panaschieren). Dabei kann er Bewerbern jeweils bis zu drei Stimmen geben (häufeln oder kumulieren).
Technisch gesehen kann auch eine Liste als ganzes markiert werden. Ohne weitere Markierungen erhält dann jeder Listenkandidat eine Stimme. Erhalten Kandidaten anderer Parteien Stimmen, erhält die markierte Liste entsprechend weniger Stimmen. Wird ein Listenkandidat gestrichen, erhält er keine Stimme von der Liste.
Bei der Auswertung werden zuerst alle Stimmen an die gewählten Personen zugeteilt, erst dann werden die Stimmen an die markierte Liste auf deren Kandidaten in der Reihenfolge des Listenplatzes verteilt. Gestrichene Kandidaten bleiben dabei unberücksichtigt.
Sperrklausel:
Die Fünf-Prozent-Hürde wurde abgeschafft. Eine explizite Sperrklausel gibt es damit nicht mehr, nur noch eine mathematische Sperrklausel (faktische Sperrklausel), die im Schnitt bei dem Stimmenanteil für einen halben Sitz liegt.
Beispielsweise liegt für eine Stadt wie Frankfurt am Main mit 93 zu verteilenden Sitzen der kritische Stimmenanteil bei ca. 0,54 %. Bei der Wahl 1997 wäre etwa die NPD mit knapp 0,45 % (1.190 Stimmen) gescheitert, während die STATT-Partei mit fast 0,6 % (1.558 Stimmen) der Stimmen einen Sitz bekommen hätte.
Stimmenverrechnung/Sitzverteilung:
Alle Stimmen einer Liste werden zusammengerechnet. Die Zahl der Sitze ergibt sich nach nach dem Verfahren Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer), das sich hinsichtlich der Größe der Parteien neutral verhält. Wenn bei der Kreistagswahl eine Partei oder Wählervereinigung einzelne Listen für mehrere Wahlbereiche aufgestellt hat, gelten diese im ersten Schritt als eine verbundene Liste. Die Unterverteilung erfolgt wiederum nach dem Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer).
Mehrheitsklausel:
Einer Partei oder Wählervereinigung, die insgesamt mehr als die Hälfte aller Stimmen erhalten hat, wird auf jeden Fall mehr als die Hälfte aller Sitze zugeteilt.
Sitzzuteilung:
Die einem Wahlvorschlag zugefallenen Sitze werden den Bewerbern in der Reihenfolge der Stimmenzahl zugewiesen; bei gleicher Stimmenzahl entscheidet die Reihenfolge der Benennung im Wahlvorschlag. Ist ein Bewerber in mehreren Wahlbereichsvorschlägen gewählt worden, erhält er den Sitz in dem Wahlbereich, in dem er die meisten Stimmen erhalten hat. Bei gleicher Stimmenzahl wird ihm der Sitz in dem Wahlbereich zugeteilt, in dem er den besseren Listenplatz im Wahlvorschlag einnimmt; bei gleichem Listenplatz entscheidet das vom Wahlleiter zu ziehende Los.
Weitere Informationen
Externe Links
Gesetze
- Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG)
- Hessische Kommunalwahlordnung (KWO)
- Übersicht über Rechtsgrundlagen zu Kommunalwahlen
- Hessische Gemeindeordnung (HGO)
- Hessische Landkreisordnung (HKO)
- Übersicht über Kommunalwahlgesetze in anderen Ländern